Mit Lastwagen übers Meer

Mit Lastwagen übers Meer

Als erstes sehe ich den Rost. Die Fähre läuft langsam in den Hafen von Padang Bai auf Bali ein, und ich denke: «Die hat schon bessere Tage gesehen.» Dann schiebe ich den Gedanken resolut zur Seite, denn ich muss diese Fähre nehmen, um nach Lombok zu gelangen. Lombok ist Balis Nachbarinsel und gleichzeitig das indonesische Wort für Chili.
Die Fähre ist voll beladen mit Lastwagen, die nun alle einer nach dem anderen langsam an Land fahren. Gemeinsam mit Joshua, einem Reisenden aus den USA, betrete ich das Schiff und wir suchen uns im Innern einen Platz. Die Sitzbänke aus grünem Leder sind gepolstert und mit einem Plastik überzogen. Das Unterhaltungsprogramm besteht aus zwei Flachbildfernsehern, die an den beiden Stirnseiten des Innenraums aufgehängt sind. Der Sound kommt aus Boxen, die im Raum verteilt sind. Das Schiff schaukelt schon im Hafen stark, nicht wegen der Wellen, sondern weil es mit Lastwagen beladen wird.

An Bord werden wir von Verkäufern angesprochen, die ihre Ware in Körben auf dem Kopf tragen. «Die Überfahrt dauert fünf Stunden», rufen sie uns in Erinnerung, um ihre Esswaren an den Mann zu bringen. Ich hatte noch kein Frühstück und lasse mich zu einem Nasi Campur überreden. Der alte Mann legt die braune Papiertüte, an deren Rand sich Fettflecken gebildet haben, vor mich auf den Tisch. Später werde ich froh sein darum.

Mit einer halben Stunde Verspätung legen wir ab. Das Ziel ist Lembar, der Hafen auf Lombok. Schon zu Beginn neigt sich die Fähre für mein Empfinden stark von einer auf die andere Seite. Als wir aus dem Windschatten der kleinen Insel Nusa Penida fahren, wird das Schaukeln noch stärker. Mir wird eigentlich nicht schlecht, ich habe eher Angst, dass die Fähre kippen könnte. Manchmal sieht man durch das Fenster nur den Ozean, dann wieder nur den Himmel. Ich bin froh, dass Joshua mich mit einer Unterhaltung ablenkt.
Die Balinesen liegen seelenruhig auf den Sitzbänken und schlafen. Einige Männer haben Seile vom Schiff ins Meer geworfen und fangen damit tatsächlich Fische, die etwa 40 Zentimeter lang sind.

Nach einer Weile muss ich an die frische Luft. An Deck geht es mir besser und ich kann auch das Nasi Campur essen. Es schmeckt sehr gut. Nachdem wir im Windschutz der Landzunge von Lombok fahren, ist das Schaukeln wesentlich weniger schlimm. Die letzten Stunden der Überfahrt geniesse ich auf dem obersten Deck, wo mir der Wind um die Nase weht. Ohne die Wellen ist es auch möglich, das Plumpsklo zu benutzen. Das allein ist schon ein Abenteuer.

Auf dem „Sonnendeck“ der Fähre von Bali nach Lombok.


Als wir endlich den Hafen von Lembar erreichen, bin ich erleichtert. Doch plötzlich stoppt die Fähre. Wir gehen nach vorne zur Brücke und sehen den Grund: Es ist kein Dock zum Anlegen frei. Der Kapitän kommt aus der Brücke und sagt: «30 minutes, maybe.» Es wird dann doch eine Stunde, die wir warten müssen.
Mir fällt auf, dass vor der Tür zur Brücke viele Flip-Flops liegen. Die Indonesier ziehen immer die Schuhe aus, bevor sie einen Raum betreten. Auch hier auf dem Schiff. Der Kapitän sitzt auf einem hellblau angestrichenen Holzstuhl, dessen Polster ebenfalls mit Plastik überzogen ist, und hat die Füsse auf den Steuerknüppel gelegt. Er ist am Handy und nimmt die Situation gelassen. Was anderes kann er sowieso nicht tun.

Beim Warten fällt mir auch ein aufgehängter kleiner Käfig auf, der mit lebenden Insekten gefüllt ist. Ein Indonesier erklärt mir mit Händen und Gesten, dass sie Futter für den Vogel sind. Erst da fällt mir der zugehängte Vogelkäfig auf, der daneben hängt. Warum man auf einer Fähre einen Vogel mittransportiert, ist mir schleierhaft. Vielleicht denken die Indonesier, dass er Glück bringt. Ich finde es eher Tierquälerei.

Nach einer Stunde Wartezeit wird endlich ein Dok frei und wir können anlegen. Mein nächstes Ziel ist Senggigi an der Westküste Lomboks.

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