Granada: Wo der Flamenco zu Hause ist

Granada: Wo der Flamenco zu Hause ist

Ein Seil, ein Stück Karton und ein Brett: Mehr braucht es nicht für eine Flamencobühne in Granada. Eine Gruppe Gitanos (Zigeuner) hat sich am Rand der Plaza de Santa Ana versammelt. Sie legen das Seil als Begrenzung um ihre soeben geschaffene Bühne, in deren Mitte auf einem Karton ein Brett liegt. Es ist eine Szene, wie man sie an einem warmen Sommerabend in Granada an vielen Häuserecken und Plätzen findet. Sobald die ersten Gitarrenklänge zu hören sind, scharen sich die Passanten um den provisorischen Bühnenrand. Der Gitarrist, die Sängerin und der Mann am Cajon sitzen auf einer Bank im Hintergrund. Die Sängerin hat eine kräftige Beltstimme, mit der sie dem Lied Intensität verleiht. Die Gitanos, die kein Instrument spielen, klatschen den rasanten Rhythmus mit den Händen, dann beginnt die erste Gitana zu tanzen. Mit den Augen kann man ihren Füssen kaum folgen, so schnell sind die Steppschritte, die den Rhythmus auf das Brett zaubern. Einer der Gitanos im Hintergrund feuert sie immer wieder an. Sie tanzt mit einem Lächeln, als wäre es das Einfachste der Welt. Dann schaut sie herausfordernd zu ihrer Kollegin und gibt die Bühne für sie frei.

Dieser Strassenflamenco war ein tolles Erlebnis, und wahrscheinlich authentischer als jede Show, für die man grosses Geld bezahlt. Und Granada ist der richtige Ort, um Flamenco zu sehen, denn man sagt, es sei die Wiege des Flamencos.

Flamenco auf der Plaza de Santa Ana in Granada

Die Kunst des Flamencos ist schon viel älter als der Name selbst. Was viele nicht wissen: Dazu gehört nicht nur der Tanz, sondern auch die Musik und der Gesang. Es gibt verschiedene Theorien, woher der Flamenco kam und wie er entstand. Aufschlussreich ist die Seite der Touristeninformation von Granada.

Der Flamenco wurde von verschiedenen Stilrichtungen beeinflusst. Heute singen Flamencosänger auch Popsongs wie «Despacito» oder «Sin Pijama» im typischen Stil des Flamencos.

„Despacito“ und „Sin Pijama“ in einem

Vom Mirador San Nicolás hat man während des Sonnenuntergangs die beste Sicht auf die Alhambra, deren Steine im späten Sonnenlicht erst golden und danach rosa leuchten. Das Wahrzeichen von Granada gehört seit zum 1984 Unesco Weltkulturerbe.

Die Alhambra bei Sonnenuntergang vom Mirador San Nicolás gesehen.

Auf einem weiteren Hügel neben dem der Alhambra befindet sich der Stadtteil Sacromonte. Und wenn man dem Sänger zuhört, wie er schwermütige Melodien singt, denkt man unweigerlich an die Zeit, als die Gitanos in den Höhlen von Sacromonte wohnten, wo der Flamenco zu Hause ist.
Die Zigeuner schlugen und gruben die Höhlen in den Stein. In einer Höhle wohnte eine ganze Familie oft auf sehr engem Raum. Beim Eingang war die Küche, danach folgte eine Art Wohnzimmer und zuhinterst war der Schlafraum. Wenn die Höhle keine Unterteilungen hatte, legte die Familie am Abend in der Küche oder im Wohnraum Strohmatten zum Schlafen aus. Heute kann man die Höhlen in einem Freilichtmuseum (Museo Cuevas del Sacromonte) im oberen Teil des Berges besichtigen. Die Höhlen weiter unten sind von aussen nicht mehr sichtbar, weil Häuser davor gebaut wurden, in denen heute keine Zigeuner mehr leben. Es ist eher ein gehobenes Stadtviertel. Abends gibt es in den Kellern der Restaurants, den ehemaligen Höhlen, Flamencoshows.

Ein Wohn- und im Hintergrund ein Schlafzimmer in einer Höhle.
Eine Essecke in einer Küche.

2 Gedanken zu „Granada: Wo der Flamenco zu Hause ist

  1. Liebe Mirjam
    Es ist spannend, wie Du über Granada und Deine Erfahrungen mit den Menschen dort berichtest.
    Die Fotos sind sehr schön und Du siehst gut aus. Wirklich schon fast eine Granadina.
    Mach‘s guät und weiterhin viel Freude in Spanien.
    PS: Nach 4 Wochen kannst Du sicher auch schnell sprechen.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

shares