Auf Weltreise eine völlig neue Welt entdeckt

Auf Weltreise eine völlig neue Welt entdeckt

Ich stehe am Rand des Bootes und schaue auf die dunkelgrüne Wasseroberfläche. «Einfach ein grosser Schritt», hat der Instruktor gesagt. Wenn er wüsste, dass ich Angsthase nicht einmal vom Einmeterbrett springe, wüsste er, wie viel Überwindung mich nur schon dieser eine grosse Schritt kostet. Vor allem, weil die Sauerstoffflasche auf meinem Rücken mehrere Kilo wiegt und mich nach unten zieht. Da unten warten Hunderte verschiedener Fischarten auf mich. Es ist mein erster Schnuppertauchgang am Great Barrier Reef, zweieinhalb Stunden von Cairns Küste entfernt. Als ich den Schritt schliesslich wage, öffnet sich mir eine neue Welt. Ich fühle mich plötzlich schwerelos und habe das Gefühl zu schweben.

Das war Ende August. Der Schnuppertauchgang dauerte nur 20 Minuten. Danach wäre ich am liebsten gleich wieder tauchen gegangen. Ich war gefesselt von der Unterwasserwelt.
Jetzt, etwa zwei Monate später, habe ich auf der thailändischen Insel Koh Tao das PADI Open Water und auch noch den Advance Open Water Tauchschein gemacht.

Es ist Anfang November als ich auf der Insel im Golf von Thailand ankomme. Die Überfahrt von Surat Thani mit dem Katamaran ist ganz schön schauklig und ich bin froh, wieder festen Boden unter den Füssen zu haben. Crystal Dive, die Tauchschule, bei der ich gebucht habe, befindet sich wenige Meter vom Pier entfernt. Am nächsten Tag beginne ich mit dem Kurs: Fünf Stunden lang schaue ich mit drei anderen Kursteilnehmern Videos auf Englisch, die mit all dem technischen Tauch-Vokabular nicht einfach zu verstehen sind für mich. Wir beantworten Multiple-Choice-Fragen und ich kriege ein bisschen Bedenken, als wir im Video erfahren, was beim Tauchen alles passieren kann. Doch am nächsten Tag schiebe ich die Gedanken an Dekompressionskrankheit und kontaminierte Luft beiseite und lerne, wie ich meine Tauchausrüstung (BCD und Regulator und Tank) richtig vorbereite und kontrolliere. Kate, unsere Instruktorin, war früher einmal Psychologin und ich bin froh, dass ausgerechnet sie uns das Tauchen beibringt. Sie nimmt mir meine Nervosität, denn auch wenn ich in Cairns bereits einmal unter Wasser war, habe ich doch Respekt vor dem ersten Tauchgang.

Wir üben, wie man den Regulator an die Sauerstoffflasche schraubt.

Aber im Pool beginnen wir im flachen Wasser, wo wir jederzeit aufstehen können, falls wir Angst bekommen unter Wasser. Als ich meine Taucherbrille abnehmen und wieder aufsetzen muss, um zu trainieren, wie ich sie mittels Luft aus der Nase auspusten leeren kann, verschlucke ich mich und muss aufstehen. Der zweite Versuch glückt mir und ich kann meine Brille leeren. Bald tauchen wir zu viert durch den Pool. Gemeinsam mit Dan und Magali, und mit meinem Tauchbuddy Jakub. Wir gehen bis auf 3,8 Meter hinunter, tiefer ist der Pool nicht. «Morgen tauchen wir tiefer hinab», kündigt Kate an und ich möchte schon fragen, ob sie einen zweiten Pool haben. Da fällt mir wieder ein, dass wir am nächsten Tag in den wirklich tiefen «Pool» gehen: ins Meer.

Unsere Instruktorin Kate brieft uns, bevor es ins Wasser geht.
Buddy-Check: Wir kontrollieren unsere Ausrüstungen.
Jetzt mache ich sogar den „Dead Mexican Einstieg“ mit links.

Unsere erste Dive Site ist Aow Leuk, ein Riff in nicht zu tiefem Wasser. Diesmal kostet mich der grosse Schritt nicht mehr so viel Überwindung. Ich weiss, welche bunte Welt mich da unten erwartet. Der Ankerleine entlang tauchen wir immer tiefer, bis etwa auf zwölf Meter hinunter. Kate winkt uns zu sich und wir müssen einige Skills absolvieren, wie das finden des Mundstücks oder das leeren der Taucherbrille. Das Salzwasser brennt in den Augen, aber nach einer Weile hört es auf. Und dann können wir uns auf die vielen Fische konzentrieren, die wir hier sehen. Etwa den pinken Clownfish, den Blaupunktrochen, Engelfische oder den Gemeinen Wimpelfisch. Wir üben die «Buoancy», das Schweben im Wasser. Nur mit dem Atem kontrollieren wir unsere Position. Ich fühle mich wirklich, als könne ich fliegen, wenn ich ein bisschen einatme, gleite ich nach oben, atme ich aus, sinke ich wieder ab. So kann ich mich über die Korallen navigieren und die Fische bestaunen. Am nächsten Tag müssen wir noch verschiedene Übungen absolvieren, unseren Buddy einige Meter abschleppen, einen kontrollierten Notaufstieg machen und die abermals die Brille abnehmen, wieder aufsetzen und leeren. Dann sind wir offiziell zertifiziert, um bis 18 Meter hinunter zu tauchen.

Begegnung mit dem Gemeinen Wimpelfisch…
…und dem Blaupunktrochen.
Unter Wasser fühle ich mich schwerelos.

Anfangs dachte ich, ich lasse dabei, der Open Water Kurs reicht schon. Doch bereits nach dem dritten Tauchgang sage ich zu Kate: «Ich werde den Advanced Kurs noch anhängen!» Sie lacht über meine Begeisterung und sagte: «I like how hooked you are.» Tauchen hat Suchtpotenzial.
Gemeinsam mit meinem Tauchbuddy, der auch weitermachen wollte, fahren wir bereits am nächsten Tag wieder aufs Meer hinaus. Es stehen drei Tauchgänge an, bei denen wir verschiedene Fähigkeiten lernen müssen, etwa senkrecht, kopfüber und horizontal zu schweben. Kate bringt uns das spielerisch bei. Wir schreiben kopfüber schwebend unsere Namen und spielen in der horizontalen «Drei gewinnt». Beim nächsten Tauchgang müssen wir das Navigieren üben und mit Hilfe eines Kompasses ein Quadrat schwimmen. Das Boot hätte ich trotz Trockenübungen am Strand nicht gefunden. Ich bin froh, dass an diesem Nachmittag Tauchmaster Sebastian mein Buddy ist und mich zum Boot zurückbringt. Der letzte Tauchgang dient dazu, Fische zu bestimmen. Wir zeichnen verschiedene Arten ab, was gar nicht so einfach ist, weil sie oft davon schwimmen. Gleichzeitig muss ich mich auf das Schweben konzentrieren.

Am nächsten Tag stehen der Tieftauchgang und das Wracktauchen auf dem Programm. Die HTMS Sattakut wurde während des Zweiten Weltkriegs von den Amerikanern bei der Belagerung der japanischen Inseln eingesetzt. Später ging es in einer Schenkung an die thailändische Navy. Nachdem es nicht mehr gebraucht wurde, versenkte es die thailändische Navy für Taucher.
Für beide Tauchgänge müssen wir unterwegs vom Boot springen, das danach weiterfährt. Beim Wrack ist die Sicht nicht sehr gut. Wir halten uns am Bojenseil fest, während wir immer tiefer abtauchen. Ein bisschen mulmig ist mir schon zumute, als die Zahl auf meinem Tauchcomputer immer grösser wird. Bei etwa 23 Metern Tiefe drehe ich mich um und erkenne den Bug des Schiffes. Wir tauchen einmal um das Wrack herum, das 49 Meter lang und sieben Meter breit ist. Hier sehen wir weniger Fische als bei den Korallen, aber es ist ein spannender Tauchgang. Wir müssen unsere «Buoancy»-Künste unter Beweis stellen, um nirgends am Wrack anzustossen und Schlamm aufzuwirbeln.

Nach diesen beiden Tauchgängen sind Jakub und ich offiziell Advanced Open Water Diver. Doch an Ausruhen denke ich nicht. Bereits am Tag darauf melde ich mich zu einem Fun-Dive mit zwei weiteren Tauchgängen an. Ich habe im Tauchen eine neue Leidenschaft gefunden und habe noch lange nicht genug. Ich gestehe: Ich bin offiziell süchtig. Es ist eine völlig neue Welt, die sich unter Wasser öffnet, die ich auf meiner Reise weiterhin entdecken möchte.

Ich habe eine neue Leidenschaft gefunden.

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